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Philipp Wäger (Jahrgang 2000) ist ehemaliges und langjähriges AMTV Mitglied. Ende des vergangenen Jahres hat Philipp mit dem THW Kiel die Handball Champions League gewonnen. Wir haben Philipp zu einem kleinen Gespräch getroffen.
Herzlich Willkommen Philipp, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast und herzlichen Glückwunsch zum Champions League Titel!
Vielen Dank.
Du bist ja seit deiner Geburt bis vor Kurzem AMTV Mitglied gewesen. Was hast du die Jahre über beim AMTV getrieben?
Ich habe mit Eltern/Kind Turnen angefangen, habe es dann später für eine kurze Zeit beim Schwimmen versucht und bin dann aber ziemlich schnell bei der Mannschaftssportart Handball hängen geblieben. Früh merkte ich, dass mir Ballsport liegt. Dazu kam, dass ich in meinem Jahrgang schnell Freunde gefunden habe mit denen ich quasi mein ganzes Leben nun zusammen Handball spiele.
Du hast es gerade schon erwähnt. Du warst Teil des legendären Jahrgangs 2000 bei den Handballern. In der E/D-Jugend zusammengefunden und dann viele Jahre bei allen möglichen Meisterschaften abgeräumt. Heute spielt ein Felix Böhm als Leistungsträger mit Jack Born in den 1. Herren des AMTV, Leif Tissier und Marcel Kokoszka (beide 1999) haben den Sprung in den Leistungssport mit ihrem Wechsel zum HSV Hamburg in die 2. Bundesliga geschafft und viele weitere von euch sind noch im leistungsorientierten Bereich handballerisch unterwegs. Wie war das in der Jugend in so einer Mannschaft zu spielen?
Das war schon toll. Wir hatten bei den 2000ern sechs, sieben Spieler, die sich passender Weise auch noch auf die Positionen aufgeteilt haben. Der Jahrgang 1999, mit dem wir alle zwei Jahre zusammengespielt haben, war ähnlich stark und auch quasi seit Beginn schon dabei. Von denen konnten wir immer viel lernen. Gerade Leif hat sich in der Jugend richtig stark entwickelt und ist gerade Spieler des Monats in der 2. Bundesliga geworden. Den sehen wir bestimmt bald in der 1. Liga.
Ihr ward wirklich eine Ausnahmetruppe über mehrere Jahre, nun hattet ihr das Glück, dass sechs leistungsstarke Spieler sich früh gut verstanden haben und den Kern der Truppe gebildet haben. Doch so ein Erfolg von vielen verschiedenen Hamburger Meisterschaften, gute Platzierungen bei den deutschen Meisterschaften und einer extrem hohen Beteiligung in der Hamburger Landesauswahl kommt nicht von alleine. Wie habt ihr es geschafft neben der Belastung in der Schule und anderen Freizeitaktivitäten schon mit 12-14 Jahren fokussiert auf den Sport zu bleiben?
Ich muss ehrlich gestehen, dass mir das überhaupt nicht schwer gefallen ist. Der Trainingsumfang wurde im Laufe der Zeit natürlich von 2x die Woche, auf 3-4x die Woche gesteigert, doch wir hatten als Truppe so viel Spaß, dass wir tatsächlich immer gerne zu den Trainingseinheiten gefahren sind. Meinetwegen hätten wir auch fünfmal in der Woche trainieren können, mir war alles andere egal, ich wollte nur nachmittags Handball spielen.
Der Spaß hilft da natürlich. Nun werden der Schulaufwand und die damit eingehenden Verpflichtungen natürlich immer größer, je älter man wird. Gab es da bei dir auch Zeiten in denen du mit dem Kopf nicht so ganz in der Handballhalle angekommen bist?
Ja natürlich hat man irgendwann sehr viel in der Schule zu tun. Gerade in der Oberstufe war es eine große Herausforderung den Schulstoff und der Handball unter einen Hut zu bekommen. Ein weiterer Grund hierfür war natürlich mein Wechsel zum HSV Hamburg in die A-Jugend. Zu dem Schulstress kamen dann noch zwei Stunden Bahnfahrt zum Training hinzu. Da musste ich dann mit Felix zusammen in der Bahn lernen. Ansonsten bin ich glücklicherweise mit überschaubarem Aufwand gut durch die Schulzeit gekommen. (lacht)
Dann erzähl uns doch mal, wie es mit dir nach der Zeit beim AMTV weitergegangen ist. Bis in die B-Jugend seid ihr als Team zusammengeblieben und habt große Erfolge unter Trainerteam P. Wittenberg/M. Hansen (E/D-Jugend) und A.Born/M.Böhm (C/B-Jugend) feiern können. Was ist dann passiert?
Es hat tatsächlich schon in der B-Jugend angefangen. In der B-Jugend haben wir uns in Jahrgängen mit anderen Mannschaften zusammengetan um größtmöglichen Erfolg zu haben. Als wir dann in die A-Jugend kamen wollten wir gern am liebsten in der A-Jugend Bundesliga Handball (JBLH) spielen. Leider konnte uns der AMTV nicht frühzeitig zusichern, dass wir das in dem Jahr finanziell stemmen könnten. Somit versuchte der ein oder andere sein Glück beim THW, oder wie ich beim HSV. Einige blieben zunächst beim AMTV und versuchten es da mit dem Einzug in die JBLH, doch unterlagen Rostock, Kiel und Potsdam leider knapp.
Beim HSV bist du dann im ersten A-Jugend Jahr geblieben und danach zum THW gewechselt, wie kam dazu?
Beim HSV lief es ziemlich gut, wir haben ein erfolgreiches Jahr gehabt und nur knapp das Viertelfinale zur deutschen Meisterschaft verpasst. Felix und ich haben uns dann als Leif und Marcel in den Herrenbereich wechselten überlegt was wir nun machen. Wir wollten schon gern noch einmal um die deutsche Meisterschaft mitspielen und sind daher zum THW Kiel gewechselt. Zu dem Zeitpunkt war ich mir noch gar nicht so sicher ob das der richtige Schritt ist, da ich mich nun beim HSV habe etablieren können und wusste, dass beim THW eine harte Konkurrenz auf mich warten würde. Glücklicherweise konnte ich meine Trainer Christian Sprenger (ehemaliger Profi beim THW) und Klaus-Dieter Petersen (ehm. Spieler/Trainer) schnell von mir überzeugen. Im Nachhinein war das definitiv der richtige Schritt!
Nun hast du dich der Stadt Kiel noch etwas mehr hingegeben als die anderen Hamburger. Felix Böhm und Jack Born, ebenfalls vom AMTV, pendelten das gesamte Jahr zwischen Hamburg und Kiel, bei dir lief es etwas anders…
Zu Beginn bin ich mit den beiden zusammen gependelt. Viermal die Woche mussten wir da nach Kiel. Nach meinem Abitur kam mir der Gedanke, dass ich den Handball nutzen könnte um auch mein Studium in Kiel zu starten. Somit habe ich meinen Lebensmittelpunkt nach Kiel verlagert und bin auch in die Hansestadt gezogen.
Felix und Jack sind nach dem Jahr wieder zum AMTV zurückgekehrt, du fühlst dich in Kiel anscheinend sehr wohl Was studierst du denn in Kiel?
Ich habe es im ersten Jahr mit dem Studiengang BWL probiert, da mir das etwas zu mathematisch war bin ich nun auf Sport/Pädagogik umgestiegen.
Wie kommst du mit der Belastung heute zurecht?
Das Studium war mit dem Training der A-Jugend und U23 sehr gut zu kombinieren. Da ich jetzt auch bei den Profis mit dabei bin ist es etwas schwieriger geworden. Wir trainieren oft morgens und nachmittags. Da muss das Studium nun etwas hinten an stehen. Für den Februar steht kein einziger freier Tag an, von Seiten des THWs, wie ich das mit meiner Prüfungsphase kombiniere weiß ich noch nicht so genau.
Viel Erfolg! Nach deinem A-Jugendjahr wurdest du in die U23 (Oberliga HH/SH) mit aufgenommen. Gleiches Leistungsniveau wie das Herrenteam des AMTVs. Wie bist du aus dieser 4. Ligamannschaft ins Gespräch für die Profis gekommen?
Das ging in der A-Jugend schon los. Christian Sprenger trainierte neben unserer Mannschaft auch noch die U23. Dadurch konnte ich schon früh erste Spielerfahrungen im Herrenbereich sammeln. Das war sehr wichtig, der Sprung aus der Jugend in den Herrenbereich ist riesig. Als Sprenger dann Co Trainer der Profis wurde, öffnete sich da die nächste Tür für uns junge Spieler. Als viele Profis bei der WM waren, bekam ich den ersten Anruf von Sprenger, ob ich nicht bei den Profis mittrainieren könnte, damit sie genug Spieler für eine ordentliche Trainingsgruppe zusammen bekommen. Daraus entwickelte sich, dass ich des Öfteren mittrainieren durfte. Der Durchbruch ist mir gelungen als sich Ende August Nicola Bilic verletzt hat (RL, THW Kiel Profis). Da bekam ich erneut einen Anruf von Christian Sprenger. Ich war tatsächlich in Altenholz auf einem Trainingslager als Sprenger mich fragte, ob ich nicht mit nach Graz fliegen wollen würde. Da habe ich natürlich nicht lange überlegt. Seitdem bin ich quasi ununterbrochen bei den Profis dabei. Der Anruf kann immer kommen! (lacht)
Während deiner jungen Karriere hast du mit deinen Mannschaften viel erreicht. Du warst nach Aussage deiner Trainer immer der Erste und Letzte in der Sporthalle, also ein richtiges Arbeitstier. Doch leider hast du auch in der Jugend schon mit vielen Verletzungen zu kämpfen gehabt. Wie war das für dich?
Das Ganze hat leider schon früh angefangen. Beim Fußball habe ich mir in jungen Jahren bereits das Kreuzband im Knie angerissen, später bekam ich Probleme da mein Körper schneller gewachsen ist als meine Muskeln das konnten. Schlimm war auch mein Wirbelbruch, sportlich war ich ein halbes Jahr raus und musste zeitweise sogar ein Korsett tragen. Ansonsten bin auch ich nicht von den klassischen Handballverletzungen verschont geblieben, Bänderrisse, gebrochene Finger etc. führten leider dazu, dass ich nicht eine Saison von Anfang bis Ende durchspielen konnte.
Wie hoch hast du dir denn dein sportliches Ziel in den letzten Jahren gesteckt? Was wolltest du erreichen?
Gute Frage. Ich konnte das immer schwer einschätzen. Natürlich träumte ich früher immer davon in der Bundesliga zu spielen, realistisch ist meiner Meinung nach ein guter 2. Liga-Spieler zu werden. Die Bundesliga- und Champions League Einsätze die ich jetzt schon erhalten habe, hätte ich so tatsächlich nicht erwartet.
Reden wir mal über das Champions League Final 4 des letzten Jahres. Am ersten Tag das Halbfinale und wenn man das gewinnt winkt das große Finale am nächsten Tag. Wie war es?
Es ging hart los. Die kompletten Weihnachtstage über haben wir für das Final4 trainiert, es gab in diesem Jahr also keine richtige Familienzeit. Dann sind wir nach Köln geflogen, mussten dann in Isolation im Hotel und durften dann unsere Zimmer den Tag über nicht mehr verlassen. Das war ziemlich langweilig. Zum Glück lief die Darts WM zu der Zeit! Auch den nächsten Tag verbrachten wir größtenteils im Hotel. Das Halbfinalspiel war auf 20:30 Uhr angesetzt. Vorher gab es gemeinsame Essenszeiten und Meetings. Je näher das Spiel kam, desto aufgeregter wurde ich. Der Einlauf in die Sporthalle war der Wahnsinn. Leider waren keine Zuschauer auf den Rängen der Lanxess Arena, doch war es was ganz Besonderes. Dazu kam, dass das Spiel eines der Besten Spiele war, welches ich je gesehen habe. Führungswechsel, Aufholjagten, Fehlentscheidungen der Schiedsrichter, Verlängerung, das Spiel hatte einfach alles.
Das Finale am nächsten Tag war natürlich ein besonderes Highlight. Wir haben als Team nach dem Spiel in der Halle viel gefeiert, mussten dann aber auch relativ schnell nach Hause fliegen. Im Flugzeug war es natürlich auch eine super Stimmung. Als wir um 3 Uhr nachts in Kiel landeten wurden wir von einigen Fans, der Polizei und der Feuerwehr warm in Empfang genommen. Es war natürlich schade, dass man den Triumph nicht so richtig feiern konnte, doch war es was ganz Besonderes.
Kommen wir zur letzten Frage: Welche Tipps hast du für AMTV Sportler/innen, die es mal ganz nach oben schaffen wollen? Wie schafft man den Sprung in den Leistungs-, beziehungsweise Profisport?
Etwas Glück gehört natürlich immer dazu. Das Wichtigste ist aber tatsächlich Spaß an dem zu haben was man macht. Ohne Spaß macht man auch nicht mal eine Extraeinheit oder gibt sich der Sache mehr hin als andere. Man muss schon ordentlich arbeiten, Talent ist nicht alles. Aber wenn man kein Spaß dran hat auch mal in den Kraftraum oder laufen zu gehen wird es schon echt schwer. Außerdem muss man in jedem Training 100% geben.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg in der neuen Saison!